Maserninfektion löscht Immungedächtnis – Masernimpfung schützt

Maserninfektionen sind nicht harmlos. Sie können schwere Krankheits­verläufe verursachen, die auch tödlich enden können. Jetzt haben Forscherinnen und Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) im Verbund mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Großbritannien und den Niederlanden herausgefunden, dass Masernviren einen Teil des immunologischen Gedächtnisses über Jahre löschen. Damit werden Betroffene auch über die Zeit der Erkrankung hinaus empfänglicher für andere Infektionen.

Wiederaufleben der Masern in Europa

Masern sollten längst ausgerottet sein. Stattdessen nehmen sie wieder zu. In den ersten sechs Monaten 2019 wurden weltweit fast dreimal mehr Fälle gemeldet als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) spricht von einem Wiederaufleben der Masern in der Europäischen Union. Verantwortlich hierfür sind vor allem fünf Länder, darunter auch Deutschland.

Schon lange ist bekannt, dass die Maserninfektion nicht nur selbst schwer und sogar tödlich verlaufen kann, sondern zusätzlich auch das Immunsystem des Erkrankten gegenüber anderen Krankheitserregern schwächt. So kommt es bei einer Masernerkrankung häufiger auch zu weiteren Infektionen wie bakteriell bedingten Lungen- oder Mittelohrentzündungen.

In einer kürzlich in Großbritannien durchgeführten Untersuchung wurde nachgewiesen, dass zehn bis fünfzehn Prozent der Kinder noch fünf Jahre nach einer Maserninfektion Anzeichen einer deutlichen Beeinträchtigung des Immunsystems hatten. Dies führte bei den betroffenen Kinder zu einem erhöhten Auftreten weiterer Infektionen.

Maserninfektion führt zur Immunamnesie

Eine Forschergruppe um Prof. Veronika von Messling untersuchten, welche Mechanismen zu dieser Immunschwäche führen. Hierzu analysierten sie die Rezeptorvielfalt der Immunzellen und die Entwicklung einer wichtigen Gruppe von Immunzellen, den B-Gedächtniszellen. Während die genetische Zusammensetzung und Vielfalt der B-Gedächtniszellen bei Personen ohne Maserninfektion und bei geimpften Personen stabil war, fand sich bei Personen nach Maserninfektionen eine signifikante Zunahme der Mutationsfrequenz in diesen Zellen. Bei etwa zehn Prozent der mit Masern infizierten Personen in der Untersuchung war die Vielfalt der Immunzellen sogar sehr stark beeinträchtigt. Zudem fand sich eine Verschiebung hin zu immunologisch unreifen B-Zellen, was auf eine beeinträchtigte B-Zellreifung im Knochenmark hinweist.

Die Ergebnisse bestätigen, dass das Immunsystem nach einer Maserninfektion quasi vergisst, mit welchen Erregern es zuvor in Kontakt gekommen war. Es kommt zu einer „Immunamnesie“.

„Die Masernimpfung ist nicht nur für den Schutz vor Masernviren wichtig, sondern schützt auch vor dem Auftreten oder schweren Verläufen anderer Infektions­krankheiten. Es schützt das Immungedächtnis, das bei Maserninfektionen schwer beeinträchtigt werden kann“, betont Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.

 

Quelle: Paul-Ehrlich-Institut – Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel