Erneut deutlich weniger Darmkrebs-Operationen in der Omikron-Welle

In der Omikron-Welle sind die Fallzahlen in den deutschen Krankenhäusern wieder ähnlich stark zurückgegangen wie in den vorangegangenen Infektionswellen. Nach einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) war  im Zeitraum von Januar bis Mai 2022 insgesamt ein Rückgang von 18 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2019 festzustellen.

Der stärkste Rückgang war im Januar 2022 mit minus 23 Prozent zu verzeichnen. Demgegenüber hat sich zuletzt die Lage im Juni wieder entspannt. „Die Fallzahl-Rückgänge in der jüngsten Pandemiewelle haben zwar ein vergleichbares Ausmaß wie die in den Wellen davor, aber andere Gründe“, kommentiert WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber die Ergebnisse. „Sie dürften in erster Linie auf Personalausfälle infolge der zahlreichen Omikron-Infektionen zurückzuführen sein, während zu Beginn der Pandemie gezielte Absagen geplanter Operationen erfolgten, um die stationäre Versorgung aufrechtzuerhalten.“

Erneut weniger Herzinfarkt- und Schlaganfall-Behandlungen

Im Vergleich mit den letzten drei Pandemiewellen zeigt der Blick auf die einzelnen Leistungsbereiche einen ähnlichen Rückgang von Januar bis Mai 2022  bei der Anzahl von Notfällen, Krebsoperationen und planbaren Operationen . So gab es in der Omikron-Welle  14 Prozent weniger Herzinfarkt-Behandlungen und 13 Prozent weniger Schlaganfall-Behandlungen als vor der Pandemie. Die Rückgänge waren bei den leichteren Infarkten und Schlaganfällen stärker ausgeprägt als bei den schweren Fällen. „Dieser Befund, den wir auch schon bei unseren letzten Analysen gesehen haben, deutet darauf hin, dass Patientinnen und Patienten mit milderen Symptomen oftmals nicht den Notarzt gerufen haben und in vielen Fällen nicht oder nur mit Verzögerung im Krankenhaus angekommen sind“, so Jürgen Klauber.

Alarmierender Rückgang der Darmkrebs-OPs

Bei den Krebs-Operationen zeigt sich ein differenziertes Bild: Während sich die Lage bei den Brustkrebs-OPs eher normalisiert hat, ist bei den Darmkrebs-Operationen mit minus 20 Prozent der bislang höchste Rückgang aller bisherigen Pandemiewellen zu verzeichnen. „Die Vermutung liegt nahe, dass ausgebliebene Diagnostik und Früherkennung dazu führen, dass Darmkrebs-Erkrankungen nicht rechtzeitig erkannt und frühzeitig behandelt werden“, so Klauber. Belegen lasse sich diese These zwar bisher nicht. „Der anhaltende starke Rückgang ist in seinem Ausmaß aber auf jeden Fall alarmierend.“

Bei planbaren Eingriffen, die zu Beginn der Pandemie 2020 noch stark zurückgefahren worden waren, um die Kliniken zu entlasten, gab es zuletzt nur noch moderate Rückgänge. So war bei der Implantation von Hüftprothesen nur noch ein Minus von 8 Prozent zu verzeichnen. Weiterhin sehr hoch sind die Rückgänge dagegen bei den Mandelentfernungen (minus 43 Prozent).

Sterblichkeit beatmeter Covid-19-Patientinnen und -Patienten weiterhin hoch

Die Analyse des WIdO macht einige Besonderheiten der Omikron-Welle gegenüber den Infektionswellen der beiden Jahre zuvor sichtbar: „Mit der Omikron-Welle sank der Anteil der Patientinnen und Patienten, die wegen Covid-19 stationär behandelt werden mussten. Gleichzeitig stieg der Anteil derer, bei denen Covid-19 nicht der primäre Behandlungsanlass für den Krankenhausaufenthalt war“, erklärt Jürgen Klauber. Die entsprechende Auswertung zeigt, dass sich der Anteil der hospitalisierten Erkrankten ab 18 Jahren, die auf Beatmung angewiesen waren, im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Infektionswellen halbiert hat. Keine positive Entwicklung gab es allerdings bei der Sterblichkeit der besonders schwer erkrankten Patientinnen und Patienten mit Beatmung: Sie lag auch in der Omikron-Welle weiterhin bei über 50 Prozent.

Deutlicher Anstieg bei Behandlungen von Kindern wegen Covid-19

Bemerkenswert ist der deutliche Anstieg des Anteils der wegen Covid-19 stationär behandelten Kinder und Jugendlichen an allen Patientinnen und Patienten: Er lag in den ersten drei Monaten des Jahres 2022 zwischen 10 und 11 Prozent. Zum Vergleich: In der vierten Welle von Oktober bis Dezember 2021 lag dieser Wert noch bei 2 bis 3 Prozent. „In der Omikron-Welle ist die Zahl der Neuinfektionen bei Kindern stark angestiegen. Die Folgen der zahlreichen Infektionen in Schulen und Kindergärten und der hohen Inzidenzen in den jüngeren Altersgruppen spiegeln sich auch bei den Krankenhausbehandlungen wider“, kommentiert Jürgen Klauber diese Ergebnisse.

Das WIdO aktualisiert mit den vorliegenden Daten eine Auswertung aus dem April 2022, die anlässlich der Vorstellung des Krankenhaus-Reports 2022 veröffentlicht worden ist. Basis sind die Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten, die etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung abbilden. Für die Covid-19-Analysen wurden die Daten von rund 190 000 Patientinnen und Patienten mit bestätigter Covid-19-Diagnose und für diese Erkrankung relevanter Hauptdiagnose ausgewertet, die vom 1. Februar 2020 bis zum 31. März 2022 in die deutschen Krankenhäuser aufgenommen worden waren.

 

Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK