Sommerleiden Blasenentzündung: Erstmal ohne Antibiotikum behandeln

Blasenentzündungen sind kein Phänomen der kalten Jahreszeit, auch in den Sommermonaten tritt die Infektion häufig auf. Denn wenn nasse Bade- kleidung nicht rasch genug ausgezogen oder die abendliche Kühle unterschätzt wird, macht man es Bakterien unfreiwillig leicht. Harnwegsinfektionen werden oft sofort mit einem Antibiotikum behandelt. Noch immer zu wenig bekannt ist: Antibiotika sind bei diesem Krankheitsbild in vielen Fällen unnötig. Ihr unkritischer Einsatz trägt zudem zur Entstehung von Antibiotikaresistenzen bei. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V. (DGI) hin. Unkomplizierte Blasenentzündungen heilen oft auch dann folgenlos aus, wenn lediglich die Symptome mit Schmerzmitteln gelindert werden.

Frauen häufiger betroffen

Brennende Schmerzen beim Wasserlassen, das Gefühl, ständig auf die Toilette zu müssen, manchmal auch Unterleibskrämpfe: Jede zweite Frau erkrankt mindestens einmal in ihrem Leben an einer Blasenentzündung. Jede vierte bis fünfte Betroffene leidet unter wiederkehrenden Infektionen, die zum Teil mehrmals jährlich aufflammen. Bei Männern treten Harnwegsinfektionen deutlich seltener auf. Das hat anatomische Gründe: Der Harnleiter ist bei Frauen wesentlich kürzer, sodass eindringende Bakterien schneller in die Harnblase vordringen und sich dort festsetzen können. Meist sind es Darmbakterien der Art Escherichia coli, die die lästige Infektion verursachen. Aber auch andere Bakterien kommen als Erreger infrage.

Antibiotikum oft unnötig

„Die unkomplizierte Harnwegsinfektion gehört zu jenen Infektionen, bei denen oft vorschnell und unnötigerweise zu einem Antibiotikum gegriffen wird“, sagt Professor Dr. med. Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Universitätsklinik Köln und Vorsitzender der DGI. „Sie sind nach den Atemwegsinfekten der häufigste Grund für Antibiotikaverschreibungen. Hier besteht ein gewaltiges Einsparpotenzial in Sachen Antibiotikaverbrauch.“ Denn unnötiger und zu häufiger Einsatz von Antibiotika trägt dazu bei, dass immer mehr Bakterien gegen die wichtigen Arzneimittel resistent werden.

Entscheidung in Absprache mit dem Arzt

In der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten deutschen ICUTI-Studie zeigte sich, dass etwa zwei Drittel der 494 Patientinnen mit unkomplizierter Harnwegsinfektion auch ohne Antibiotikum wieder gesund wurden. Eine rein symptomatische Behandlung mit einem entzündungshemmenden Schmerzmittel reichte aus. Bei jeder dritten Patientin hielten die Symptome zu lange an oder verschlimmerten sich, sodass doch noch mit Antibiotika behandelt werden musste.
„Diese Erkenntnisse sollen jedoch keinesfalls als Aufforderung zur Selbsttherapie verstanden werden“, mahnt Fätkenheuer. Auch unkomplizierte Harnwegsinfektionen, die etwa 90 Prozent aller Harnwegsinfektionen ausmachen, seien ein Fall für den Arzt. In Absprache mit diesem könne die Therapie jedoch zunächst einmal ohne Antibiotika durchgeführt werden.

Viel trinken beugt vor

Auch zur Prophylaxe von Harnwegsinfektionen gibt es aktuelle Erkenntnisse, und zwar zu einem alten Ratschlag: Viel trinken beugt Blasenentzündung vor. „Die Wirksamkeit dieses alten Hausmittels ist nun auch wissenschaftlich gut belegt“, so Fätkenheuer. Eine Ende 2018 im renommierten Fachmagazin JAMA publizierte Studie zeigte: Frauen mit wiederkehrenden Harnwegsinfektionen profitieren stark von einer erhöhten Flüssigkeitsaufnahme. Indem sie ihre tägliche Trinkmenge von 1,5 auf drei Liter steigerten, konnten die Probandinnen die Zahl ihrer jährlichen Harnwegsinfektionen von durchschnittlich 3,3 auf 1,7 fast halbieren. Gleichzeitig sank auch die Zahl der Antibiotikaverschreibungen um nahezu die Hälfte.

 

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V.