Verordnung von Fixdosis-Kombinationspräparaten: In der Praxis ein Problem!

Die Europäische Leitlinie für die Behandlung von Bluthochdruck wurde im August 2018 zum Europäischen Kardiologenkongress in München publiziert.

Die Vorteile liegen auf der Hand

Von großer Bedeutung für die klinische Praxis in Deutschland ist die Empfehlung von sogenannten Fixdosis-Kombinationen, also Tabletten, die 2-3 blutdrucksenkende Substanzen enthalten. Laut Leitlinie soll die medikamentöse Therapie nun primär als Zweifach-Kombinationstherapie erfolgen. Die medizinischen Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen ist bekannt, dass die Therapietreue mit der Anzahl der Tabletten abnimmt. Wenn ein Patient eine Tablette verschrieben bekommt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er das Medikament wie verordnet einnimmt, deutlich höher, als wenn er mehrere Tabletten einnehmen muss. Zum anderen haben Kombinationspräparate oft weniger Nebenwirkungen, da die unterschiedlichen Wirkstoffe in der Tablette häufig niedriger dosiert werden. „Medikamente, die Nebenwirkungen verursachen, werden öfter von den Patienten ohne Rücksprache mit dem Arzt weggelassen“, erklärt Prof. Dr. Bernhard K. Krämer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga e.V.

Weniger Komplikationen

Mehrfachkombinationen stärken die Therapietreue der Patienten und können so die Zahl der Patienten, die eine erfolgreiche und anhaltende Blutdrucksenkung erreichen, erhöhen. Das wiederum führt zu weniger Schlaganfällen, Herzinfarkten und anderen Folgekomplikationen von Bluthochdruck. „Die Empfehlungen der europäischen Leitlinie sind evidenzbasiert. Wenn die europäischen Leitlinienexperten Fixdosis-Kombinationen empfehlen, ist die Datenlage so, dass ein signifikanter Vorteil für diese Therapie nachgewiesen wurde“, kommentiert Prof. Krämer.

Umsetzung in Deutschland schwierig

Doch die konsequente Umsetzung der europäischen Leitlinie gestaltet sich in Deutschland schwierig. Bislang machen Kombinationspräparate nur rund 15 % der verschriebenen Blutdrucksenker aus. Die meisten Patienten werden mit Einzelsubstanzen behandelt. Oft ist die Einnahme von bis zu drei verschiedenen Medikamenten notwendig. Jedoch  ist das Behandlungsergebnis unterm Strich moderat. Derzeit ist die Hälfte aller Menschen mit Bluthochdruck in Deutschland nicht bzw. noch nicht ausreichend behandelt.

Dem Arzt droht Regress

„Patienten von Einzelsubstanzen auf Kombipräparate umzustellen, ist ein guter Ansatz, um den Anteil adäquat therapierter Patienten zu erhöhen“, betonte Prof. Krämer. „Allerdings tragen derzeit die Kostenträger die Mehrkosten nicht.“ Verschiedene Kombinationspräparate sind teurer als Einzelsubstanzen. Daher sehen die Arzneimittelvereinbarungen für Fixkombinationspräparate lediglich einen Verordnungsanteil von 3,5% vor. Verschreibt der Arzt mehr, droht ihm am Ende ein Regress. Nach Ansicht des Experten müssen die gesetzlichen Krankenkassen bereit sein, die Empfehlung der neuen Leitlinie bei den Arzneimittelvereinbarungen zu berücksichtigen. Auch der KBV Medikationskatalog sollte entsprechend angepasst werden.

Keine Zulassung für den Therapiebeginn

Hinzu kommt ein  weiteres Problem. Nur wenige Kombinationspräparate sind derzeit für den Therapiebeginn zugelassen. Die meisten Fixkombinationspräparate können also nicht gemäß Leitlinie als Erstlinientherapie verordnet werden.

„Solange die Empfehlung der neuen Leitlinie nicht in den KBV Medikationskatalog und die Arzneimittelvereinbarungen eingearbeitet wird, erhalten Patienten in Deutschland nicht die bestmögliche Therapie. Wir fordern eine schnelle Umsetzung der Leitlinienempfehlung, und zwar auch abrechnungstechnisch, damit die niedergelassenen Ärzte und vor allem die auf die Behandlung von Hypertonie spezialisierten Hypertensiologen ihre Patienten leitliniengerecht versorgen können.“

Folgekosten verhindern

Das wird sich aus Sicht der Deutschen Hochdruckliga auch langfristig auszahlen: Steigt der Anteil der Patienten, die die Zielblutdruckwerte erreichen, kommt es zu weniger Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenkrankheit, Erblindung oder Demenz, die das Gesundheitssystem finanziell stark belasten. „Statt Milliarden auszugeben, um Folgeerkrankungen von Bluthochdruck zu therapieren, sollten wir im Sinne der Sekundärprävention in eine effizientere Bluthochdrucktherapie investieren, die nachweislich teure Folgekomplikationen verhindern kann“, erklärte Prof. Krämer.

 

Quelle: Deutsche Hochdruckliga